Erster Teil - Einleitende Begriff
ERSTES KAPITEL - Gibt es Geister?
Welche Vorstellung man sich von den Geistern auch machen mag, so gründet sich dieser Glaube notwendigerweise auf das Vorhandensein eines intelligenten Prinzips außerhalb der Materie; die Vorstellung ist mit der absoluten Verleugnung dieses Prinzips unvereinbar. Wir gehen also von der Existenz, dem Überleben und der Individualität der Seele aus, welche der Spiritualismus theoretisch und dogmatisch, der Spiritismus aber offenkundig beweist. Sehen wir einstweilen von den Manifestationen im eigentlichen Sinne ab, machen wir nur Schlussfolgerungen, und wir werden sehen, zu welchen Konsequenzen wir gelangen werden.
Nach dem gewöhnlichen Glauben geht sie entweder in den Himmel oder in die Hölle; aber wo ist der Himmel und die Hölle? Man sagte einst, dass der Himmel oben und die Hölle unten sei; aber was bedeutet im Universum das Oben und das Unten? Seit man die runde Gestalt unserer Erde und die Bewegung der Gestirne kennt, welche bewirkt, dass das, was in einem gewissen Moment oben ist, im Verlauf von zwölf Stunden in dem unendlichen Raum zum Unten wird, in welchem sich das Auge in unermesslicher Weite verliert?
Es ist zwar wahr, dass man unter den unteren Orten auch die Tiefen der Erde verstand; aber was sind diese Tiefen, da sie jetzt von der Geologie durchsucht worden sind? Was ist gleichfalls aus den konzentrischen Sphären geworden, die man den Himmel des Feuers, den Himmel der Sterne nannte, seit man weiß, dass die Erde nicht den Mittelpunkt der Weit bildet und dass selbst unsere Sonne nur eine von den Millionen der Sonnen ist, die im Weltenraum leuchten und von denen eine jede den Mittelpunkt eines planetarischen Wirbels bildet? Wie steht es mit der Wichtigkeit der Erde, verloren in der Unendlichkeit?
Mit welchem unberechtigten Vorrecht wäre dieses kaum wahrnehmbare Sandkorn, das sich weder durch seine Größe, noch durch seine Stellung, noch durch eine besondere Rolle auszeichnet, allein von vernünftigen Wesen bewohnt? Die Vernunft weigert sich, die Nutzlosigkeit des Unendlichen anzunehmen und alles sagt uns, dass diese Welten bewohnt sind. Wenn sie nun bewohnt sind, so liefern sie doch auch ihr Kontingent zur Seelenwelt. Aber noch einmal, was wird aus diesen Seelen, da die Astronomie und Geologie die ihnen angewiesenen Wohnungen vernichtet hat und besonders seit die so vernunftgemäße Lehre von der Mehrheit der Welten ihre Anzahl ins Unendliche vermehrt hat? Da sich die Annahme einer Lokalisierung der Seele mit den Grundsätzen der Wissenschaft nicht verträgt, so bestimmt ihnen eine andere mehr logische Lehre nicht einen begrenzten und beschränkten Ort als Aufenthalt, sondern den Weltraum. Es ist eine ganz unsichtbare Welt, in deren Mitte wir leben, die uns umgibt und mit uns beständig in Berührung kommt. Ist das etwas Unmögliches, ist das eine Sache, die der Vernunft widerspricht? Keineswegs, im Gegenteil, alles sagt uns, dass es gar nicht anders sein kann. Aber was wird aus den künftigen Belohnungen und Strafen, wenn ihr ihnen ihre besonderen Orte wegnehmt? Seht, dass der Unglaube an einen Ort der Strafen und Belohnungen generell dadurch hervorgerufen ist, dass man diese Orte unter unannehmbaren Bedingungen darstellt. Aber sagt, dass die Seelen ihr Glück oder Unglück aus sich selbst schöpfen, dass ihr Schicksal von ihrem moralischen Ziel, als jenes der beständigen Kontemplation, was nichts anderes wäre, als eine beständige Nutzlosigkeit. Sagt ferner, dass die Dämonen nichts anderes sind, als die Seelen der Bösen, die noch nicht geläutert sind, die aber zur höchsten Stufe Vervollkommnung ebenso gelangen können, wie die anderen, und es wird der Gerechtigkeit und Güte Gottes mehr entsprechen, als die Lehre, dass man zum Bösen geschaffen und ewig zum Bösen bestimmt sei!
Noch einmal, das ist es, was nur die strengste Vernunft, Zustand abhängig ist, dass eine Vereinigung sympathischer und guter Seelen die Quelle ihres Glücks ist, dass sie nach dem Grad ihrer Läuterung Dinge durchdringen und durchschauen, die gröberen Seelen verborgen sind, und alle werden es ohne Mühe begreifen. Sagt ihnen ferner, dass sie zu dem höchsten Grad ihrer Veredelung nur durch ihre Anstrengungen, sich zu verbessern, und erst nach einer Reihe von Prüfungen, die zu ihrer Läuterung dienen, gelangen; dass die Engel jene Seelen sind, welche den höchsten Grad der Veredlung schon erreicht haben, und den alle bei einem guten Willen erreichen können; sagt ihnen, dass die Engel Boten Gottes sind, um die Vollstreckung seines Willens im ganzen Universum zu überwachen, dass sie über diese ruhmvolle Mission glücklich sind: und ihr gebt ihrer Glückseligkeit ein viel nützlicheres und attraktiveres, die schärfste Logik, mit einem Worte der gesunde Menschenverstand zulassen kann.
Nun denn, die Seelen, welche das All bevölkern, sind es, die man eigentlich Geister (oder Geistwesen) nennt. Geister (oder Geistwesen) sind also nichts anderes als die menschlichen Seelen von ihrer körperlichen Hülle entblößt. Wenn Geister besondere Wesen wären, so wäre ihr Dasein viel zweifelhafter; wenn man aber zugibt, dass es Seelen gibt, so muss man auch Geister zugeben, die nichts anderes sind als die Seelen. Wenn man zugibt, dass Seelen sich überall befinden, so muss man auch annehmen, dass überall Geister sind. Man kann das Dasein der Geister nicht leugnen, ohne zugleich die Existenz der Seelen zu verwerfen.
Dieser Zweifel gründet sich auf die Unkenntnis der wahren Natur der Geister, von denen man sich gewöhnlich eine ganz falsche Vorstellung macht; denn man stellt sie sich zu Unrecht als abstrakte, vage und unbestimmte Wesen vor, was sie aber gar nicht sind.
Stellen wir uns zunächst den Geist in seiner Verbindung mit dem Körper vor. Der Geist ist das Hauptwesen, weil er ein denkendes und überlebendes Wesen ist; der Körper ist nur eine Zugabe des Geistes, eine Hülle, ein Kleid, das er verlässt, wenn es abgenutzt ist. Außer dieser materiellen Hülle hat der Geist noch eine zweite halbmaterielle, die ihn mit der ersten verbindet. Beim Tod befreit sich der Geist von dieser Hülle, nicht aber von der zweiten, welcher wir den Namen »Perispirit« geben. Diese halbmaterielle Hülle, welche die menschliche Gestalt annimmt, bildet für sich einen flüchtigen, dunstartigen Körper, um für uns im normalen Zustand unsichtbar zu sein, der aber dennoch einige Eigenschaften der Materie besitzt. Der Geist ist also kein Punkt, keine Abstraktion sondern ein bestimmtes und begrenztes Wesen, dem nichts anderes fehlt, als sichtbar und tastbar zu sein, um den anderen menschlichen Wesen zu gleichen. Warum sollte er daher auf die Materie keinen Einfluss haben? Vielleicht, weil sein Körper flüchtig ist? Aber findet der Mensch nicht bei dem am meisten verdünnten Fluiden, welche man schon für unwägbar hält, wie z.B. die Elektrizität, die mächtigste Triebkraft?
Hat nicht das unwägbare Licht einen chemischen Einfluss auf die wägbare Materie? Wir kennen die innere Beschaffenheit des Perispirits nicht; stellen wir ihn uns aber als von der elektrischen Materie oder von einem anderen subtilen Stoff gebildet vor, warum sollte er nicht dieselbe Eigenschaft haben, wenn er von einem Willen geleitet wird?
1) dass, das Wesen, welches während des Lebens in uns denkt, nach dem Tode nicht mehr denken braucht;
2) und wenn es denkt, dass es nicht an jene denken braucht, die es geliebt hat;
3) und wenn es an jene denkt, die es geliebt hat, dass es nicht wünschen sollte, sich ihnen mitzuteilen;
4) wenn es überall sein kann, dass es nicht an unserer Seite sein kann;
5) wenn es an unserer Seite ist, dass es sich uns nicht mitteilen kann;
6) dass es nicht mittels seiner flüchtigen Hülle auf die träge Materie einwirken kann;
7) wenn es auf die träge Materie einwirken kann, dass es keinen Einfluss auf ein anderes belebtes Wesen haben kann;
8) wenn es auf ein belebtes Wesen einwirken kann, dass es seine Hand nicht führen kann, um damit zu schreiben;
9) wenn es dies vermag, dass es nicht auf gegebene Fragen antworten und den Fragestellenden seine Gedanken übertragen kann.
Wenn uns die Gegner des Spiritismus bewiesen haben, dass dies nicht möglich ist, und zwar durch so offenkundige Beweise, wie Galileo Galilei (1564-1642) bewiesen hat, dass sich die Sonne nicht um die Erde bewegt, dann werden wir anerkennen, dass ihre Zweifel begründet sind. Zu ihrem Unglück beschränkt sich ihre Argumentation bis heute auf diese Worte: „Ich glaube es nicht, also ist es unmöglich.“ Sie werden uns ohne Zweifel sagen, dass es unsere Sache sei, die Wirklichkeit der Kundgebungen zu beweisen. Wir beweisen sie ihnen tatsächlich und zwar durch Vernunftgründe; wenn sie aber weder das eine, noch das andere annehmen wollen, wenn sie auch das leugnen, was sie selbst sehen, so ist es ihre Sache, zu beweisen, dass unser Urteil falsch ist, und dass die spiritistischen Tatsachen unmöglich sind.
ZWEITES KAPITEL - Das Wunderbare und das Übernatürliche
- Was gegen die Gesetze der Natur ist. Ihr kennt also diese Gesetze so gut, dass es euch möglich ist, die Grenze der Allmacht Gottes zu bezeichnen? Nun gut, so beweist, dass die Existenz der Geister und ihre Kundgebungen gegen das Naturgesetz sind; dass sie nicht eines der Naturgesetze ist und sein kann! Folgt der spiritistischen Lehre und seht, ob diese Verkettung nicht alle Kennzeichen eines wunderbaren Gesetzes an sich trägt, welches alles aufklärt, was bisher alle Philosophien nicht aufzuklären im Stande waren. Das Denken ist eine der Eigenschaften des Geistes; die Möglichkeit, auf die Materie einzuwirken, auf unsere Sinneswerkzeuge einen Eindruck zu machen und infolge dessen uns Gedanken zu übertragen, ist das Ergebnis, wenn wir uns so ausdrücken können, seiner physiologischen Beschaffenheit. Dabei gibt es nichts Übernatürliches, nichts Wunderbares. Dass ein toter Mensch, und zwar ganz tot, körperlich wieder auflebt, dass seine zerstreuten Glieder sich vereinigen sollten, um seinen Körper wieder zu bilden, das wäre sonderbar, übernatürlich und eigenartig, das wäre eine Abweichung vom Naturgesetz, welche Gott nicht eintreten lassen könnte, außer durch ein Wunder; aber es gibt nicht solches in der spiritistischen Lehre.
So ist man von Beobachtung zu Beobachtung dahin gekommen, zu erkennen, dass dieses unsichtbare Wesen, dem man den Namen Geist gab, nichts anderes ist, als die Seele derer, die körperlich gelebt haben, und die der Tod von ihrer groben, sichtbaren Hülle befreit hat, indem er ihnen nur eine ätherische Hülle, die in ihrem normalen Zustande unsichtbar ist, gelassen hat. Da ist das Sonderbare und Übernatürliche auf seine einfache Bedeutung zurückgeführt.
Wenn einmal das Dasein der unsichtbaren Wesen dargelegt ist, so ist ihr Einfluss auf die Materie das Resultat der Eigenschaft ihrer fluidischen Hülle. Dieser Einfluss ist ein intelligenter, denn bei ihrem Ableben haben sie nur ihren Körper verloren, aber sie haben ihre Intelligenz, die ihr Wesen bildet, behalten. Da ist der Schlüssel zu allen Erscheinungen, welche man fälschlicherweise für übernatürlich gehalten hat. Das Dasein der Geister ist aber kein vorgefasstes System, eine Hypothese, um die Tatsachen zu erklären; es ist ein Resultat von Wahrnehmungen und die natürliche Folge des Daseins der Seele. Dies zu leugnen, hieße die Seele und ihre Eigenschaften zu verleugnen.
Diejenige, die denken für die intelligenten Wirkungen einer vernunftmäßigeren Lösung finden zu können, vor allem, alle Fakten erklären zu können, sollen es nur versuchen. Erst dann wird es möglich sein, über den Wahrheitsgehalt jeder einzelnen zu diskutieren.
Nach ihrer Meinung ist das Wunderbare absurd. Der Spiritismus stützt sich auf wunderbare Fakten; demzufolge ist der Spiritismus absurd, das ist ihr Urteil ohne alle Widerrede. Sie glauben einen unwiderleglichen Beweis entgegen zu stellen, wenn sie, nachdem sie anspruchsvolle Untersuchungen über die Konvulsionären von St. Mèdard, über die Calvinisten in den Sevennen, über die Nonnen von Loudun angestellt haben, dahin gelangt sind, darin offenkundige Tatsachen vom Schwindel, den niemand leugnet, gefunden zu haben; aber sind denn diese Geschichten das Evangelium des Spiritismus? Haben seine Anhänger je geleugnet, dass diese Marktschreierei einige Tatsachen für sich ausgebeutet hat, dass damit die Einbildungskraft gesteigert wurde, und dass der Fanatismus vieles übertrieben hat? Der Spiritismus hat mit den Abschweifungen, die man in seinem Namen machen kann, eben so wenig zu tun, als die wahre Wissenschaft vor den Missbräuchen der Unwissenheit, und die wahre Religion vor den Ausschreitungen des Fanatismus. Viele Kritiker beurteilen den Spiritismus nur nach den Märchen von Feen und den Volkssagen, die über ihn gedichtet wurden; es ist eben so, als wenn man die Weltgeschichte auf Grundlage der historischen Romane und Tragödien beurteilen wollte.
»Aber wo bleibt der Glaube des Spiritismus stehen? « wird man sagen; »Seht, beobachtet, und ihr werdet es wissen.« Jede Wissenschaft erwirbt man sich nur mit der Zeit und durch das Studium. Nun denn, der Spiritismus, welcher die schwierigsten Fragen der Philosophie und alle Zweige der gesellschaftlichen Ordnung berührt, der den physischen und moralischen Menschen zugleich umfasst, ist für sich selbst eine ganze Wissenschaft, eine ganze Philosophie, die man ebenso wenig in ein paar Stunden erlernen kann, wie andere Wissenschaft. Es wäre ebenso lächerlich, den ganzen Spiritismus in einem drehenden Tische zu sehen, als es kindisch wäre, die ganze Physik in gewissen Spielwerkzeugen der Kinder zu erblicken. Wer sich mit dem Oberflächlichen nicht begnügen will, dem genügen nicht Stunden, sondern Monate und Jahre setzt er daran, um alle Geheimnisse desselben zu ergründen. Hiervon schließe man auf den Grad des Wissens und den Wert der Meinung derjenigen, die sich das Recht der Beurteilung anmaßen, weil sie ein oder zwei Experimente gesehen haben, die sehr oft nur als Unterhaltung und aus Zeitvertreib vorgenommen wurden. Sie werden ohne Zweifel sagen, dass sie nicht Muße haben, diesem Studium die nötige Zeit zu widmen. Sei es so, niemand zwingt sie dazu. Wenn man aber keine Zeit hat, eine Sache zu lernen, sollte man weder über sie reden noch sie urteilen, wenn man nicht der Leichtfertigkeit beschuldigt werden will. Nun denn, eine je höhere Stellung man in der Wissenschaft einnimmt, desto weniger ist es verzeihlich, einen Gegenstand leichtfertig zu behandeln, den man nicht kennt.
Da sich diese Erscheinungen auf ein Naturgesetz gründen, so haben sie nichts Sonderbares und nichts Übernatürliches im gewöhnlichen Sinne des Wortes an sich.
Viele Erscheinungen werden darum für übernatürlich gehalten, weil man ihre Ursache nicht kennt; da ihnen der Spiritismus eine Ursache zuweist, führt er sie wieder in den Bereich der natürlichen Erscheinungen zurück.
Unter den Tatsachen, welche für übernatürlich erklärt werden, sind viele, deren Unmöglichkeit der Spiritismus nachweist, und welche er in den Aberglauben zurückweist.
Obwohl der Spiritismus anerkennt, dass in manchem Volksglauben ein Körnchen Wahrheit zu finden ist, so übernimmt er keineswegs die Bürgschaft für alle phantastischen, durch die Einbildungskraft geschaffenen Erzählungen.
Den Spiritismus nach Tatsachen zu beurteilen, die er nicht zugibt, heißt seine Unkenntnis an den Tag legen und seiner Meinung alle Glaubwürdigkeit entziehen.
Die Erklärung der Tatsachen, die der Spiritismus zulässt, das Darlegen ihrer Ursachen und moralischen Folgen bildet für sich eine eigene Wissenschaft, eine ganze Philosophie, welche ein ernstes, anhaltendes und tiefes Studium erfordert.
Der Spiritismus kann nur den, als einen ernsten Kritiker betrachten, der mit Geduld und Beharrlichkeit eines ernsten Beobachters alles gesehen, alles studiert und alles erwogen hat; der von diesem Gegenstand so viel weiß, wie der aufgeklärte Anhänger, der daher seine Kenntnisse von wo anders her geschöpft hat, als aus den Romanen der Wissenschaft, dem man keine Tatsache vorlegen kann, ohne dass er davon Kenntnis hat, kein Argument, welches er nicht durchgedacht hätte, der zurückweist, aber nicht durch bloßes Ableugnen, sondern durch schlagende Gründe, und der endlich den anerkannten spiritistischen Tatsachen eine logische Ursache beizumessen im Stande ist. Ein solcher Kritiker ist noch zu finden.
15. Wir haben gerade das Wort Wunder ausgesprochen. Eine kurze Betrachtung dieses Gegenstandes wird in diesem Kapitel über das Wunderbare passend sein. In seiner Grundbedeutung und nach seiner Etymologie bedeutet das Wort Wunder, es sei eine außerordentliche Sache, wunderbar anzusehen; aber dieses Wort hat sich, wie viele andere, von seiner ursprünglichen Bedeutung entfernt. Heutzutage bedeutet es nach der französischen Akademie einen Akt der göttlichen Macht gegen die Naturgesetze. So ist in der Tat seine angenommene Bedeutung, und nur durch einen Vergleich und als Metapher gebraucht man es bei gewöhnlichen Dingen, die uns überraschen und deren Ursache uns unbekannt ist.
Es fällt uns nicht ein, zu erforschen, ob es Gott für gut gehalten hat, unter gewissen Umständen die von ihm selbst gegebenen Naturgesetze aufzuheben, wir haben nur das Ziel, zu zeigen, dass die spiritistischen Erscheinungen, so außerordentlich sie auch sein mögen, niemals diese Gesetze aufheben, dass sie keinen wunderbaren Charakter haben, ebenso wenig wunderbar und übernatürlich sind. Ein Wunder lässt sich nicht erklären; die spiritistischen Erscheinungen dagegen lassen sich auf die vernünftigste Art erklären; sie sind also keine Wunder, sondern einfache Tatsachen, die ihre Begründung in den allgemeinen Gesetzen finden. Ein anderes Merkmal des Wunders ist, dass es ungewöhnlich ist und einzeln auftritt. Sobald eine Sache sozusagen nach Belieben und durch verschiedene Personen bewirkt wird, so kann sie kein Wunder sein.
Die Wissenschaft macht in den Augen der Unwissenden alle Tage Wunder. Das ist der Grund, warum in der Antike diejenigen, welche mehr wussten als das Volk, meistens für Hexer gehalten wurden; und da man glaubte, dass jede übermenschliche Wissenschaft vom Teufel komme, so verbrannte man sie. Heutzutage, wo man gebildeter ist, begnügt man sich damit, sie ins Irrenhaus zu schicken.
Wenn ein Mensch, der wirklich gestorben ist, wie wir es eingangs gesagt haben, durch göttliches Eingreifen wieder zum Leben gebracht wird, so ist dies ein wahres Wunder, weil es gegen die Naturgesetze ist; wenn aber dieser Mensch nur den Schein des Todes hat, wenn in ihm noch ein Rest der verborgenen Lebenskraft vorhanden ist, und wenn die Wissenschaft oder magnetische Behandlung es dahin bringen, ihn wieder zu beleben, so ist das für aufgeklärte Menschen eine natürliche Erscheinung, aber in den Augen des unwissenden Volkes wird diese Tat für ein Wunder gelten und der Urheber dessen wird entweder mit Steinwürfen verfolgt oder verehrt werden, je nach seinem individuellen Charakter. Wenn ein Physiker in der Mitte des Feldes einen elektrischen Drachen aufsteigen und den Blitz auf einen Baum fallen lässt, so wird man diesen neuen Prometheus gewiss wie mit einer diabolischen Macht ausgerüstet betrachten. Dieser sogenannte Prometheus scheint uns nur ein Vorgänger Franklins zu sein; aber wenn Josua die Bewegung der Sonne oder vielmehr der Erde aufhält, das ist ein wahres Wunder; denn wir kennen keinen Magnetiseur, der Macht genug hätte, ein solches Wunderwerk zu bewirken.
Eine der ausserordentlichsten unter allen spiritistischen Manifestationen ist ohne Widerrede die direkte Schrift; denn diese zeigt uns in auffallender Weise die Tätigkeit der verborgenen Intelligenzen; allein sobald diese Erscheinung durch verborgene Wesen bewirkt wird, ist sie ebenso wenig wunderbar, wie alle anderen Phänomene, die man den unsichtbaren Agenten verdankt, weil diese verborgenen Wesen, welche den Raum erfüllen, eine von den Naturkräften bilden, eine Kraft, deren Einfluss sowohl auf die materielle als auch auf die moralische Welt unausgesetzt wirkt.
Indem uns der Spiritismus diese Kraft erklärt, gibt er uns einen Schlüssel zu einer Menge unerklärter und auf eine andere Weise unerklärbarer Tatsachen, die in vergangenen Zeiten für ein Wunder gelten konnten, er enthüllt uns so wie der Magnetismus, ein, wenngleich nicht unbekanntes, so doch schlecht aufgefasstes Naturgesetz, oder um richtiger zu reden: man kannte seine Wirkungen, denn sie sind zu allen Zeiten hervorgebracht worden, aber man kannte das Gesetz nicht, und die Unkenntnis des Gesetzes hat den Aberglauben erzeugt. Sobald man das Naturgesetz erkannte, verschwand das Wunderbare, und die Erscheinungen traten in die Reihe der natürlichen Dinge. Deshalb tun die Spiritisten ebenso wenig Wunder, wenn sie bewirken, dass sich ein Tisch dreht, oder dass die Verstorbenen schreiben, als ein Arzt, der einen Scheintoten wieder belebt und ein Physiker, der den Blitz hervorbringt. Derjenige, welcher behaupten würde, mit Hilfe dieser Wissenschaft Wunder zu wirken, wäre mit der Sache entweder unbekannt oder ein Schwindler.
Er kommt also der Religion zu Hilfe, indem er die Möglichkeit gewisser Tatsachen nachweist, die, wenn sie den Charakter des Wunderbaren nicht an sich tragen, dennoch nicht weniger außerordentlich sind. Aber deshalb ist Gott nicht weniger groß, nicht weniger mächtig, dass er seine Gesetze nicht aufgehoben hat. Zu welchem Gelächter hat nicht das die Levitation (Schweben) des heiligen Kupertin Anlass gegeben. Nun denn, das Schweben schwerer Körper in der Luft ist eine Tatsache, die der Spiritismus erklärt; wir selbst waren persönlich dabei Augenzeugen, und Herr Daniel Dunglas Home und auch andere Leute unserer Bekanntschaft haben zu verschiedenen Malen das vom heiligen Kupertin hervorgebrachte Phänomen wiederholt. Dieses Phänomen tritt daher in die Reihe der gewöhnlichen Erscheinungen.
Die Erklärung ist doch ein mächtiger Hebel der Überzeugung in diesem Jahrhundert, wo man sich nicht mehr nur mit Worte begnügt.
Auch finden sich alle Tage Leute, die von keiner Tatsache Augenzeuge waren, die nie einen Tisch sich bewegen, noch ein Medium schreibend gesehen haben, und die dennoch so fest überzeugt sind, wie wir; nur darum, weil sie gelesen und verstanden haben. Wenn man nur das glauben sollte, was man mit eigenen Augen gesehen hat, so würden sich unsere Überzeugungen auf wenige Dinge beschränken.
DRITTES KAPITEL - Methode
Wir haben gesagt, der Spiritismus sei für sich eine ganze Wissenschaft, eine ganze Philosophie. Derjenige also, welcher denselben allen Ernstes kennen lernen will, muss sich daher als erste Bedingung einem ernsten Studium unterziehen und überzeugt sein, dass er diese Wissenschaft ebenso wenig wie eine andere spielend erlernen kann. Der Spiritismus berührt, wie wir es bereits gesagt haben, alle Fragen, welche die Menschheit interessieren; sein Feld ist unermesslich, und man muss ihn vor allem aus dem Standpunkt seiner Konsequenzen betrachten.
Der Glaube an die Geister bildet ohne Zweifel seine Grundlage; allein er genügt nicht, um einen aufgeklärten Spiritisten zu bilden, ebenso wenig, als der Glaube an Gott genügend ist, um einen Theologen zu machen. Lasst uns daher untersuchen, auf welche Art man am sichersten bei diesem Unterricht zum Ziele gelangen kann.
Lasst euch, Anhänger des Spiritismus durch das Wort: „Unterricht“ nicht abschrecken, es ist kein Unterricht von einer erhöhten Lehrkanzel oder Tribüne; eine einfache Konversation ist schon ein Unterricht. Jedermann, der bemüht ist, einen anderen zu überzeugen, sei es auf dem Wege der Belehrung, oder auf jenem der Experimente, gibt Unterricht. Unser Wunsch geht dahin, dass unsere Mühe nicht ohne Früchte sei, das ist der Grund, warum einige Anhaltspunkte gegeben werden müssen, die auch jenen zustattenkommen, die sich selbst unterrichten wollen; sie werden darin das Mittel finden, viel sicherer und viel schneller zum Ziel zu gelangen.
Im Spiritismus ist die Frage nach Geistwesen eine Nebenfrage und eine Folgerung. Es ist genau dieser Fehler der vielen Anhängern des Spiritismus unterläuft, und gewisse Personen zum Scheitern bringt. Da Geistwesen nichts anderes sind, als die Seelen der Menschen, so ist der wahre Punkt der Diskussion das Dasein der Seele. Nun denn, wie kann der Materialist zugeben, dass es Wesen gibt, die außer der materiellen Welt leben, wenn er glaubt, dass er selbst nichts anderes ist, als Materie? Wie kann er glauben, dass es um ihn herum Geister gibt, wenn er nicht glaubt, dass er selbst einen besitzt? Umsonst würde man vor seinen Augen die greifbarsten Beweise anhäufen er wird alle bestreiten, weil er doch das Prinzip nicht anerkennt.
Jeder methodische Unterricht muss von dem Bekannten zum Unbekannten schreiten. Für den Materialisten ist das Be kannte die Materie; geht daher von der Materie aus, und trachtet ihn bei ihrer Beobachtung zu überzeugen, dass in ihr etwas bestehe, das sich den Gesetzen der Materie entzieht; mit einem Wort, bevor ihr ihn zum Spiritisten macht, trachtet ihn zuvor zum Spiritualisten zu machen. Aber da gibt es eine andere Ordnung der Dinge, eine ganz besondere Belehrung, wozu man durch andere Mittel schreiten muss. Ihm von Geistern zu reden, bevor man ihn überzeugt hat, dass er eine Seele habe, hieße dort anfangen, wo man enden sollte; denn er kann die Schlussfolgerung nicht zugeben, wenn er die Grundlage nicht zulässt. Bevor man es daher übernimmt, einen Ungläubigen zu überzeugen, wäre es auch durch Tatsachen, ist es nötig, seine Meinung in Bezug auf die Seele zu kennen, das heißt, ob er auch an seine Weiterexistenz, an ein Überleben des Körpers, an seine Individualität nach seinem Tode glaubt. Wenn seine Antwort verneinend ist, so wäre es eine vergebliche Mühe, mit ihm von Geistwesen zu reden. Das ist die Regel. Wir behaupten nicht, dass sie keine Ausnahme zulasse, aber dann gibt es wahrscheinlich etwas anderes, was ihn weniger widerspenstig macht.
Wenn wir gesagt haben, dass der Zweifel bei den Ungläubigen in Anbetracht einer vernünftigen Erklärung verschwindet, so muss man davon die Materialisten ausnehmen, besonders jene, die alle Kraft und das ganze intelligente Prinzip außerhalb der Materie wegleugnen. Die meisten beharren auf ihrer Meinung aus Stolz; sie glauben aus Selbstliebe dabei beharren zu müssen; sie verbleiben dabei trotz und gegen alle Beweise des Gegenteils, weil sie nicht unterliegen wollen. Mit solchen Leuten ist nichts zu tun. Man darf sich nicht einmal durch die Ehrlichkeit derer täuschen lassen, welche sagen: „Lasst mich sehen, und ich werde glauben.“ Es gibt auch solche, die viel weiter gehen und sagen: „Ich werde sehen und dennoch nicht glauben.“
Man findet deren eine zahlreiche Menge unter den heiligen und weltlichen Schriftstellern, unter den Dichtern, Rednern, Moralisten und Philosophen der alten und neuen Zeit.
3) Solche, die sich nicht damit begnügen, die spiritistische Moral zu bewundern, sondern die sich danach richten, und alle Folgesätze desselben annehmen. In der Überzeugung, dass das irdische Dasein eine vorübergehende Prüfung sei, bemühen sie sich, diese kurze Zeit dazu zu benützen, um auf dem Weg des Fortschritts zu gehen, der sie allein in der Hierarchie der Geisterwelt zu erheben vermag, indem sie danach streben, das Gute zu tun und ihre schlechten Neigungen zu unterbinden. In ihrer Beziehungen sind sie stets verlässlich, denn ihre Überzeugung entfernt sie von einem jeden bösen Gedanken. Die Nächstenliebe ist in allen Dingen ihre Lebensregel, das sind die wahren Spiritisten oder vielmehr christliche Spiritisten.
Das Mittel, diesem Übelstand vorzubeugen, ist sehr einfach. Man muss mit der Theorie anfangen. Hier werden alle Erscheinungen anschaulich gemacht und erklärt. Man kann ihre Möglichkeit begreifen und die Bedingungen erkennen, unter denen man sie hervorbringen kann, und auch die Hindernisse, denen man begegnen kann. In welcher Ordnung sie sodann je nach den Umständen auftreten, so gibt es nichts mehr, was überraschen könnte.
Dieser Vorgang verschafft uns auch einen anderen Vorteil: er erspart nämlich demjenigen, der es unternehmen will, eine Menge von Enttäuschungen. Gegen die Schwierigkeiten gerüstet, kann er sich in Acht nehmen, und es vermeiden, auf eigene Kosten Erfahrungen zu sammeln.
Seit wir uns mit dem Spiritismus beschäftigen, wäre es schwer, die Anzahl Personen anzugeben, die zu uns gekommen sind, und wie viele wir unter diesen gesehen haben, die bei den offenkundigsten Tatsachen gleichgültig oder ungläubig geblieben sind und erst später nur durch eine wohlbegründete Erklärung zur Überzeugung gebracht wurden. Wie viele andere sind nach Überlegungen zur Überzeugung gebracht worden; wie viele sind endlich überzeugt worden, ohne etwas gesehen zu haben, nur dadurch, dass sie es begriffen haben! Wir reden aus Erfahrung. Die beste Methode, den Spiritismus zu lehren, ist, sich zuvor an den Verstand, dann erst an die Augen zu wenden.
Diese Methode werden wir bei unseren Lektionen befolgen, und wir können uns dazu nur Glück wünschen. *
____________________________
* Anmerkung von Allan Kardec: Unser theoretischer und praktischer Unterricht ist immer unentgeltlich.
Ein vorausgehender sachlicher Unterricht setzt sie auch in den Stand, sich alle Anomalien aufzuklären und gestattet ihnen, darin eine Menge Details gewahr zu werden, oft sehr kleine Unterschiede, die für sie ebenso viele Mittel der Überzeugung sind, die aber dem unwissenden Beobachter in Sitzungen entgehen. Das ist der Grund, der uns veranlasst, zu unseren experimentalen Sitzungen nur jene Personen zuzulassen, welche hinlängliche Vorkenntnisse besitzen, um zu begreifen, was man da macht, überzeugt, dass andere ihre Zeit daselbst verlieren würden, oder Veranlassung wären, dass wir die unsere verlören.
1) „Der Spiritismus in seinem einfachsten Ausdruck“
Diese Broschüre enthält nur dreißig Seiten und ist eine kurz gefasste Darstellung der Grundsätze der spiritistischen Lehre; ein allgemeiner Überblick, der gestattet, das ganze unter einem einge schränkten Rahmen zu umfassen. In wenigen Worten sieht man das Ziel und kann über seine Tragweite urteilen. Man findet darin überdies die Antwort auf die hauptsächlichsten Fragen und Einwendungen, welche Neulinge natürlich zu stellen geneigt sind. Diese erste Lektüre, die nur wenig Zeit in Anspruch nimmt, ist die Einführung, die ein weiteres Studium erleichtert.
2) „Das Buch der Geister”
Es enthält die ganze von den Geistwesen selbst diktierte Lehre mit ihrer gesamten Philosophie und allen moralischen Konsequenzen; das ist die Enthüllung der Bestimmung des Menschen, die Einweihung in die Natur der Geistwesen und in die Geheimnisse des Lebens nach dem Tod. Wenn man es liest, dann begreift man, dass der Spiritismus ein ernstes Ziel hat und nicht zum bloßen Zeitvertreib da ist.
3) „Das Buch der Medien”
Es ist bestimmt, die Manifestationen in der Praxis durch Angabe der geeignetsten Mittel zu lenken, um mit Geistwesen zu verkehren. Es ist ein Wegweiser teils für die Medien, teils für die Sitzungsteilnehmer und eine Ergänzung des Buches der Geister.
4) „Spiritistische Zeitschrift“ (Revue Spirite)
Dies ist eine Sammlung verschiedener theoretischer Erklärungen und Einzeltexte, welche die zwei vorhergenden Werken ergänzen, und gewissermassen ihre Anwendung davon darstellen. Man kann diese zwar gleichzeitig lesen, aber es wird viel vorteilhafter und verständlicher sein, sie erst nach dem Buch der Geister zu lesen.
Da ist das, was uns betrifft. Diejenigen, die alles in einer Wissenschaft kennen lernen wollen, müssen notwendigerweise alles lesen, was über diesen Gegenstand geschrieben worden ist; entweder alles oder wenigstens die Hauptsachen, und sie dürfen sich nicht auf einen einzigen Schriftsteller beschränken; sie müssen die Werke dafür und auch jene dagegen lesen, sowohl die Kritiken als auch die Lobreden der spiritistischen Lehre; sie müssen sich in die verschiedenen Systeme einweihen, um durch deren Vergleich urteilen zu können. In dieser Beziehung wird von uns kein Werk weder vergöttert noch bekrittelt, in der Absicht in keiner Einsicht auf die Meinung, die man sich bilden will, Einfluss zu nehmen. Indem wir unser Scherflein beitragen, stellen wir uns in die Linie der anderen Mitstreiter; es kommt uns nicht zu, zugleich Richter und Partei zu sein, und wir besitzen nicht die lächerliche Anmaßung, die einzigen Spender des Lichtes zu sein. Dem Leser kommt es zu, das Gute vom Bösen, das Wahre vom Falschen zu trennen.
VIERTES KAPITEL - Systeme
Die Gegner des Spiritismus glaubten in dieser Verschiedenheit der Meinungen einen Grund zu finden, indem sie sagten, dass die Spiritisten ja selbst untereinander nicht einig seien. Das war ein armseliger Einwand, wenn man bedenkt, dass die Schritte einer jeden im Entstehen begriffenen Wissenschaft notwendigerweise ungewiss sind, bis es die Zeit gestattet, die Tatsachen zu sammeln und zu ordnen, welche die neue Lehre begründet. Je mehr sich die Tatsachen ergänzen, je mehr sie erforscht werden, desto mehr verlieren sich die anfänglichen Ideen, und die Einheit wird hergestellt, wenigstens in den wesentlichen Punkten, wenn nicht in allen Einzelheiten.
So war es auch beim Spiritismus; er konnte der allgemeinen, herkömmlichen und meist oberflächlichen Kritik nicht entgehen, und er musste sich seiner Natur nach mehr als alles andere der Verschiedenheit der Auslegungen hingeben. Man kann daher sagen, dass er in dieser Beziehung viel schneller fertig war, als die anderen älteren Wissenschaften, z.B. die Medizin, welche noch jetzt die größten Gelehrten scheidet.
Die spiritistischen Phänomene gibt es in zwei Arten: physische oder intelligente Effekte. Die Gegner leugnen das Dasein der Geister aus dem Grunde, weil sie nichts außerhalb der Materie zugeben, somit lässt sich begreifen, dass sie die intelligenten Manifestationen auch leugnen. Was die physischen Erfolge betrifft, so erklären sie dieselben von ihrem Gesichtspunkt und ihre Gründe können unter folgende vier Systeme eingereiht werden.
Man muss in der Tat bekennen, dass diese Narrheit - wenn es eine Narrheit ist einen eigentümlichen Charakter habe, nämlich den, hauptsächlich, die aufgeklärte Klasse zu erreichen, in der der Spiritismus bisher die überwiegende Mehrzahl seiner Anhänger hat. Wenn man in ihrer Zahl einige Exzentriker findet, so beweisen diese gegen die Lehre ebenso wenig, als einige religiöse Narren etwas gegen die Religion, die närrischen Musikfreunde etwas gegen die Musik, verrückte Mathematiker gegen die Mathematik beweisen. Alle Ideen haben exaltierte Fanatiker gefunden und man müsste mit einer sehr stumpfen Urteilskraft begabt sein, um die Übertreibung einer Sache mit der Sache selbst zu verwechseln.
Für diesbezüglichen näheren Angaben weisen wir auf unsere Broschüre: „Der Spiritismus in seinem einfachsten Ausdruck“ und auf „Das Buch der Geister“, (Einleitung § XV).
Es ist wahr, dass ein gelehrter Arzt darüber nach seiner Meinung eine vollständige Erklärung gegeben hat. * Die Ursache davon ist, sagt er, in der freiwilligen oder unfreiwilligen Zusammenziehung der Sehne an der Wadenbeinmuskel. Dabei legt er eine vollständige anatomische Zergliederung dar, um zu zeigen, durch welchen Mechanismus diese Sehne den Lärm hervorbringen, die Trommel einer Batterie nachahmen, und selbst rhythmische Lieder ausführen könne. Daraus schließt er, dass diejenigen, welche glauben, Schläge bei einem Tische zu vernehmen, die Gefoppten sind, entweder von einer Mystifikation oder von einer Illusion. Die Sache ist an sich nicht neu; aber zum Unglück für den Entdecker dieser neuen vorgeschützten Entdeckung kann seine Theorie nicht über alle Fälle den Aufschluss geben.
_____________________________
* Anmerkung von Allan Kardec: M. Jobert (de Lamballe). Um wahr zu sein, muss man sagen, dass diese Entdeckung M. Schiff zu verdanken ist. M. Jobert hat die Folgerungen daraus vor der medizinischen Akademie auseinander gesetzt, um den Klopf-geistern den Todesstoss zu geben. (Näheren Angaben zur Erklärung M. Joberts sind in der „Revue Spirite“ von Juni 1859 zu lesen.)
Sagen wir zuerst, dass die, welche die besondere Gabe haben, nach Belieben ihre Wadenbeinmuskel oder eine andere knacken zu lassen, und durch dieses Mittel Arien zu spielen, nur als Ausnahmen vorkommen, während das Tischklopfen sehr allgemein ist, und dass die, welche diese Fähigkeit besitzen, bei weitem nicht alle die erstere haben. Zweitens hat der weise Doktor vergessen uns aufzuklären, wie die knackende Muskel einer stillstehenden, vom Tische fernsitzenden Person zu fühlende Vibrationen hervorbringen könne, wie sich dieses Geräusch nach dem Willen der an den verschiedenen Seiten des Tisches Stehenden in den anderen Einrichtungstücken, gegen die Mauer, die Decke etc. wiederholen könne; wie sich endlich die Handlung der Muskel auf den Tisch erstrecken könne, den man gar nicht berührt, um ihn in Bewegung zu setzen. Endlich würde diese Erklärung, wenn es eine solche wäre, nur das Phänomen der geklopften Schläge entkräften, kann sich aber auf die anderen Gattungen von Geistermitteilung nicht erstrecken. Schließen wir nun daraus, dass er geurteilt hat, ohne gesehen zu haben, oder ohne alles, und alles gut gesehen zu haben? Es ist immer zu beklagen, wenn Gelehrte sich beeilen über Sachen, die sie nicht kennen, solche Aufklärungen zu geben, welche die Tatsachen nicht widerlegen können. Ihr eigenes Wissen sollte sie in ihren Urteilen umso vorsichtiger machen, da es für sie die Grenzen des Unbekannten erweitert.
Nur die Erfahrung, gestehen wir es, konnte diese Theorie entweder bestätigen oder verwerfen, und die Erfahrung hat sie verworfen. Denn sie zeigt alle Augenblicke durch die zuverlässigsten Tatsachen, dass der ausgedrückte Gedanke nicht nur ein fremder sein kann, sondern dass er in Beziehung auf die Umstehenden oft ein ganz verkehrter ist, dass er allen vorgefassten Meinungen widerspricht, dass er alle Voraussicht vereitelt, und in der Tat, wenn ich mir denke: „weiß“ und man hat mir geantwortet: „schwarz“, so ist es schwer zu glauben, dass diese Antwort von mir komme. Man stützt sich auf einige Fälle der Übereinstimmung des von den Jenseitigen ausgedrückten Gedankens mit jenem der Umstehenden. Aber was beweist dies, als dass die Umstehenden ebenso denken können, wie die kundgebende Intelligenz? Es ist damit nicht gesagt, dass sie immer einer entgegen-gesetzten Meinung sein müssen.
Wenn bei einer Unterredung der Sprechende einen dem eurigen ähnlichen Gedanken ausspricht, werdet ihr deshalb sagen, dass er von euch kommt? Es genügt nur, einige gegenteilige Beispiele gehörig nachzuweisen, um zu zeigen, dass diese Theorie nicht unumschränkt sei. Wie könnte man durch die Reflexion des Gedankens zuletzt die Schriften von Personen erklären, die gar nicht schreiben können; die Antworten von der größten philosophischen Bedeutung, die durch ungebildete Personen erhalten wurden, wie auch Antworten, die auf innerlich gedachte Fragen oder in einer dem Medium unbekannten Sprache gegeben werden und tausend andere Tatsachen, die über die Unabhängigkeit der sich kundgebenden Intelligenzen keinen Zweifel aufkommen lassen. Die entgegengesetzte Meinung kann nur das Resultat eines Mangels an Beobachtung sein.
Wenn die Gegenwart einer fremden Intelligenz durch die Qualität der Antwort moralisch erwiesen ist, so ist dieselbe durch das direkte Schreiben auch materiell nachgewiesen, nämlich durch das spontan erhaltene Schreiben, ohne Feder, ohne Bleistift, ohne Berührung, trotz aller angewendeten Vorsichtsmaßregeln, um sich gegen eine jede Täuschung zu verwahren. Der intelligente Charakter des Phänomens kann nicht in Zweifel gezogen werden; es ist also etwas anderes als eine fluidische Wirkung.
Das System der Spiegelung ist in manchen Fällen sehr undankbar. Wenn in einer Versammlung achtbarer Personen unverhofft eine von jenen durch Grobheit empörenden Mitteilungen kommt, so wäre es eine schlechte Empfehlung der Umstehenden, zu behaupten, dass sie von ihnen komme, und es ist wahrscheinlich, dass sich ein jeder beeilen würde, sie zu widerlegen. (Siehe: Das Buch der Geister. Einleitung § XVI)
____________________________
* Anmerkung von Allan Kardec: Communion. Das Licht der Erscheinung des Geistes. Sprechende Tische, Somnambule, Medien, Wunder. Der spirituelle Magnetismus. Kraft der Ausübung des Glaubens. Von Emah Tirpsé, eine kollektive Seele, die durch Vermittlung eines Brettchens schreibt. Brüssel, 1858 bei Devroye.
Man kann den Einfluss dieser Ursache in gewissen Fällen nicht leugnen, aber es genügt, nur mehrere Medien in ihrer Tätigkeit gesehen zu haben, um sich zu überzeugen, dass dieses System nicht alle Tatsachen erklären kann, und dass es eine Ausnahme und keine Regel bildet. Man könnte glauben, dass es so sei, wenn das Medium immer den Anschein eines Exaltierten oder Inspirierten hätte, eine Erscheinung, welche es übrigens vollkommen simulieren könnte, wenn es Komödie spielen wollte. Aber wie soll man an eine Inspiration glauben, wenn das Medium wie eine Maschine schreibt, ohne die geringste Kenntnis davon zu haben, was es an Mitteilungen von geistiger Seite erhält, ohne die geringste Aufregung, ohne sich damit zu beschäftigen, was es tut, zwanglos umherschauend, lachend und über andere Dinge redend. Man begreift die Überreizung der Ideen, aber das kann man nicht begreifen, wie sie jemand zum Schreiben bringen können, der nicht schreiben kann; noch weniger, wenn die Mitteilungen durch gemachte Schläge, mit Hilfe eines Schreib-Brettchens oder -Körbchens übertragen werden. Wir werden in der Folge dieses Werkes sehen, welchen Anteil man dem Einfluss der Gedanken des Mediums zuzuschreiben hat; aber die Äußerungen, wo sich eine fremde Intelligenz durch unwiderlegliche Zeichen enthüllt, sind so zahlreich und so einleuchtend, dass sie in dieser Beziehung keinen Zweifel aufkommen lassen. Der Fehler der meisten bei der Entstehung des Spiritismus gegen ihn geäußerten Einwände ist der, aus seinen einzelnen Tatsachen allgemeine Schlüsse gezogen zu haben.
Der Glaube an die ausschließliche Mitteilung der Dämonen, so unvernünftig er auch sein mag, könnte nur solange als möglich erscheinen, solange man die Geister als außerhalb der Menschheit erschaffen betrachtete; allein seit man weiß, dass die Geister nichts anderes sind, als die Seelen früherer Erdenbewohner, hat er sein Blendwerk verloren, und man kann es mit aller Wahrscheinlichkeit sagen, denn daraus würde folgen, dass alle Seelen Dämonen sind, es mag die Seele eines Vaters, eines Sohnes oder eines Freundes sein, und selbst wir, wenn wir sterben, werden zu Dämonen, eine für viele Menschen weder schmeichelhafte noch tröstliche Lehre. Es wäre schwer, einer Mutter beizubringen, dass ihr geliebtes Kind, das sie verlor, und welches kommt, ihr nach dem Tode Beweise seiner Liebe und Identität zu geben, ein Untertan des Satans sei.
Zwar ist es wahr, dass es unter den Geistern sehr schlechte gibt, die nicht mehr sind, als jene, die man Dämonen nennt, aus einem ganz einfachen Grund: Weil es nämlich sehr schlechte Menschen gibt, und weil der Tod sie nicht unmittelbar bessert. Die Frage geht aber dahin, zu wissen, ob diese die einzigen sind, die sich mitteilen können. An diejenigen, welche es glauben, stellen wir die folgenden Fragen:
Gibt es gute und böse Geister?
Ist Gott mächtiger als die bösen Geister oder als die Dämonen wenn ihr sie so benennen wollt?
Zu behaupten, dass sich nur die bösen Geister mitteilen können, heißt so viel wie die Guten könnten es nicht. Wenn es aber so ist, dann ist nur eins wahr: Entweder geschieht das mit dem Willen Gottes oder gegen denselben. Wenn es gegen seinen Willen geschieht, so sind die bösen Geister mächtiger als Er; wenn es nach seinem Willen ist, warum sollte Er es in seiner Güte nicht auch den Guten erlauben, um den Einfluss der Bösen aufzuheben?
Welchen Beweis könnt ihr anführen bezüglich des Unvermögens der guten Geister, sich zu offenbaren?
Wenn man euch die Weisheit gewisser geistiger Mitteilungen entgegenstellt, so antwortet ihr, dass der Teufel alle Masken annehme, um besser verführen zu können. Wir wissen zwar, dass es heuchlerische Geister gibt, welche ihrer Rede einen falschen Anstrich von Weisheit geben; aber gebt ihr zu, dass die Unwissenheit die wahre Wissenschaft und eine schlechte Natur die wahre Tugend nachahmen könne, ohne etwas durchblicken zu lassen, was den Betrug aufdecken könnte?
Wenn sich nur der Teufel mitteilen kann, der doch ein Feind Gottes und der Menschen ist, warum empfiehlt er uns, zu Gott zu beten, sich seinem Willen unterzuordnen, die Widerwärtigkeiten des Lebens ohne Murren zu ertragen, weder Ehre noch Reichtum zu begehren, Nächstenliebe und alle Grundsätze eines Christen auszuüben? Kurzum: Das wir alles unternehmen sollen, um sein Imperium (das des Teufels) zu zerstören? Wenn das der Teufel ist, der solche Ratschläge erteilt, so muss man gestehen, so gerissen er ist, so ungeschickt ist er, die Waffen gegen sich selbst zu liefern. *
________________________
* Anmerkung Allan Kardec’s: Diese Frage ist in dem „Buch der Geister“ Nr. 128 ff erörtert worden
7) Dass sich die Geister offenbaren, geschieht mit Erlaubnis Gottes; da wir nun gute und schlechte Mitteilungen erhalten, ist es nicht logisch zu denken, dass Gott die einen zulässt, um uns zu prüfen, und die anderen, um uns das Gute anzuraten?
8) Was würdet ihr von einem Vater denken, der sein Kind dem bösen Beispiel und den schlechten Ratschlägen preisgibt, die sein Kind von ihn fernhalten würden und ihm verbieten würden, sich von den Menschen fernzuhalten, die ihn vom Bösen abhalten könnten? Was ein guter Vater nicht tun würde, darf man wohl denken, dass Gott, der die Güte selbst ist, weniger tun würde, als ein Mensch?
9) Die Kirche anerkennt einige authentische Manifestationen der heiligen Jungfrau und anderer Heiliger und in ihren Erscheinungen, Visionen und mündlichen Mitteilungen etc. Steht dieser Glaube nicht im Wiederspruch der Lehre von der ausschließlichen Mitteilung böser Geister?
Wir glauben, dass gewisse Menschen diese Theorie im guten Glauben anerkannt haben, aber wir glauben auch, dass es einige nur in der Absicht getan haben, um sich nicht mit diesen Dingen beschäftigen zu müssen, wegen der Gefahr schlechte Mitteilungen zu erhalten. Indem sie sagten, dass sich der Teufel selbst manifestiere, wollten sie davon abschrecken, so ungefähr, wie man zu einem Kind sagt: „Fass das nicht an, es brennt.“ Die Absicht kann löblich sein, aber das Ziel ist verfehlt, denn selbst das Verbot erregt die Begierde, und die Furcht vor dem Teufel hält wenig Leute zurück; man will ihn sehen, und wäre es auch nur um zu sehen, wie er beschaffen ist, und man ist ganz verwundert, ihn nicht ganz so schwarz zu finden, als man geglaubt hat.
Könnte man bei dieser ausschließlichen Theorie vom Teufel nicht auch einen anderen Grund sehen? Es gibt Leute, die da glauben, dass diejenigen, die nicht ihrer Meinung sind, Unrecht haben. Nun denn, die behaupten, alle Kundgebungen seien nur das Werk des Teufels, wären sie nicht der Angst ausgesetzt, Geister anzutreffen, die mit ihnen nicht in allen Punkten einig wären, besonders in jenen, welche die Vorteile dieser und der anderen Welt betreffen. Da sie die Tatsachen nicht leugnen können, wollten sie diese in einer erschreckenden Gestalt darstellen; allein dieses Mittel hat die Sache ebenso wenig aufgehalten, wie die anderen. Wo die Furcht vor dem Lächerlichen ohnmächtig ist, muss man sich darauf beschränken, die Sachen vorübergehen zu lassen.
Ein Muslim, welcher einen Geist gegen die Gesetze des Korans sprechen hörte, würde gewiss denken, es sei ein böser Geist. Das gilt auch von einem Juden bei einigen Praktiken des mosaischen Gesetzes. Was die Katholiken betrifft, so haben wir jemand behaupten gehört, dass der sich kundgebende Geist nur der Teufel sein könne, weil er sich erlaubt hat, von der zeitlichen Macht anders als er zu denken, obwohl er sonst nichts anderes gepredigt hat als Wohltätigkeit, Versöhnlichkeit, Nächstenliebe, Verleugnung der irdischen Dinge, alle Grundsätze welche Jesus gelehrt hat.
Da die Geister nichts anderes sind als die Seelen der Menschen, und da die Menschen unvollkommen sind, so folgt daraus, dass auch die Geister ebenfalls unvollkommen sind, und dass ihr Charakter sich in ihren Mitteilungen spiegelt. Es ist eine unbestrittene Tatsache, dass es böse, arglistige, grundsätzlich heuchlerische Geister gibt, vor denen man sich in Acht nehmen muss, aber weil man in der Welt verdrehten Menschen begegnet, folgt daraus, dass man deshalb die ganze Menschheit meiden muss? Gott hat uns die Vernunft und die Urteilskraft gegeben, um die Geister ebenso wie die Menschen zu beurteilen. Das beste Mittel, sich vor Unannehmlichkeiten, welche die Ausübung des Spiritismus mit sich bringen kann, zu schützen, ist nicht, sie zu untersagen, sondern über sie vernünftige Aufklärung zu schaffen. Die eingebildete Furcht wirkt nur eine Zeit lang und berührt nicht die ganze Welt; die klar bewiesene Wirklichkeit ist allen verständlich.
Wenn man ihnen Beweise der Identität, die Anwesenheit der Eltern, der Freunde und Bekannten durch geschriebene, sichtbare oder andere Manifestationen vorhält, so sagen sie, es sei immer derselbe Geist, entweder der Teufel oder Christus, welche alle Formen annehmen; aber sie sagen uns nicht, warum die anderen Geister sich nicht offenbaren dürften, in welcher Absicht der Geist der Wahrheit käme, um uns zu täuschen, sich unter verschiedenen Gestalten darstellend, um eine arme Mutter zu hintergehen, indem er sie auf eine lügenhafte Weise glauben macht, er sei das Kind, das sie beweint. Die Vernunft sträubt sich dagegen, anzunehmen, dass der Heilige Geist unter allen sich so weit herablassen könnte, solche Komödie zu spielen. Übrigens die Möglichkeit einer jeder anderen Mitteilung zu leugnen, heißt das nicht dem Spiritismus das wegnehmen, was sein Schönstes ist, nämlich die Tröstung der Betrübten? Sagen wir es ganz einfach, dass ein solches System unvernünftig ist und eine ernste Prüfung nicht aushält.
Ebenso verhält es sich mit der Meinung, die man sich vom Spiritismus macht; sie kann in gewisser Beziehung wahr und falsch sein, wenn man das auf das Allgemeine bezieht, was nur partiell ist, wenn man das für die Regel hält, was nur eine Ausnahme ist, das für ein Ganzes erklärt, was eben nur ein Teil ist. Das ist auch der Grund, warum wir sagen, dass jeder, der diese Wissenschaft ernstlich studieren will, viel und lange damit zubringen muss; die Zeit allein wird ihm gestatten, Einzelheiten zu sammeln, die feinen Unterschiede wahrzunehmen, eine Menge charakteristischer Tatsachen zu beobachten, die für ihn Anzeichen der Erkenntnis sein werden; aber wenn er sich nur an der Oberfläche hält, so setzt er sich der Gefahr aus, ein vorzeitiges, deshalb auch folgerichtig ein irriges Urteil zu fällen. Hier folgen die allgemeinen Grundsätze welche, wie man sagen kann, den Glauben der Spiritisten im Allgemeinen bilden, denn die abweichenden Systeme sind nur isolierte Meinungen:
1) Die spiritistischen Phänomene sind durch ausserkörperliche Intelligenzen hervorgebracht, die man Geister nennt.
2) Die Geister bilden die unsichtbare Welt, sie sind überall, die Räume sind mit ihnen ins Unendliche angefüllt; es gibt deren stets einige um uns, mit denen wir in Berührung kommen.
3) Die Geister wirken unaufhörlich auf die physische und moralische Welt ein, und sie sind eine der Naturmächte.
4) Die Geister sind keine Wesen außerhalb der Schöpfung, sie sind Seelen, welche entweder auf dieser Erde oder in anderen Welten gelebt und ihre körperliche Hülle abgelegt haben; daraus folgt, dass die menschlichen Seelen inkarnierte Geister sind, und dass wir durch unser Ableben zu Geistern werden.
5) Es gibt Geister von allen Stufen der Güte, Bosheit, des Wissens und der Unkenntnis.
6) Sie sind alle dem Gesetze des Fortschrittes unterworfen und können alle zur Vollkommenheit gelangen; da sie aber einen freien Willen haben, so gelangen sie dazu in einer längeren oder kürzeren Zeit, je nach ihren Anstrengungen und nach ihrem Willen.
7) Sie sind glücklich oder unglücklich, je nachdem ob sie in ihrem Leben Gutes oder Böses getan haben, und nach dem Grad des Fortschrittes, den sie erreicht haben. Das vollkommene, unveränderliche Glück wird nur den Geistern zuteil, welche zu dem höchsten Grad der Vollkommenheit gelangt sind.
8) Unter gegebenen Umständen können sich alle Geister den Menschen offenbaren. Die Anzahl derjenigen, die sich offenbaren können, ist unendlich.
9) Die Geister offenbaren sich über Medien, die ihnen als Werkzeug und als Dolmetscher dienen.
10) Man erkennt die Erhabenheit oder Niedrigkeit der Geister an ihrer Sprache, die Guten raten nur das Gute und sagen nur Gutes, alles an ihnen bezeugt ihre Erhabenheit; die Bösen betrügen und alle ihre Worte tragen den Stempel der Unvollkommenheit und Unwissenheit an sich.
Die verschiedenen Grade, welche die Geister durchlaufen müssen, sind in der spiritistischen Stufenleiter angedeutet. (Das Buch der Geister, Nr. 100) Das Studium dieser Einteilung ist unerlässlich, um die Natur der Geister, die sich offenbaren, beurteilen zu können, nämlich ihre guten und bösen Eigenschaften.
Dieses System bekämpft keinen der Grundsätze der spiritistischen Lehren, denn es ändert nichts an der Bestimmung der Seele. Die Bedingungen ihres künftigen Glückes sind immer dieselben; die Seele und der Perispirit bilden ein Ganzes genannt Geist, so wie der Keim und die Keimhülle ein Ganzes bilden und als Frucht bezeichnet werden. Die ganze Frage reduziert sich darauf, das Ganze als homogen anstatt aus zwei verschiedenen Teilen gebildet zu betrachten.
Wie man sieht, hat dies keine Folgen, und wir würden davon nicht gesprochen haben, wenn wir nicht Personen getroffen hätten, die geneigt waren, darin eine neue Lehre zu sehen. Die übrigens sehr wenig verbreitete Meinung würde unter den Spiritisten ebenso wenig eine Spaltung hervorbringen, als die zwei Ansichten der Ausströmung und Wellenbewegung des Lichtes eine solche unter den Physikern bewirkt. Die welche sich wegen einer so kindischen Frage absondern wollten, würden damit selbst beweisen, dass sie der Nebensache mehr Gewicht beimessen als der Hauptsache, und dass sie durch Geister zur Uneinigkeit getrieben werden, die nicht gut sein können; denn die guten Geister bringen nie Erbitterung und Zwietracht. Darum laden wir alle wahren Spiritisten ein, sich gegen solche Einflüsterungen zu wehren und Kleinigkeiten kein größeres Gewicht beizulegen, als sie verdienen.
Wir glauben dessen ungeachtet einige Worte darüber sagen zu müssen, worauf sich die Meinung derer stützt, welche die Seele und die Geisterhülle (Perispirit) für zwei verschiedene Dinge halten. Sie stützt sich auf die Belehrung der Geister selbst, die sich in dieser Beziehung nie widersprachen. Wir reden von den aufgeklärten Geistern, denn es gibt unter ihnen solche, die nicht mehr, ja sogar weniger wissen, als die Menschen, während die genannte Theorie eine menschliche Empfindung ist. Wir haben den Perispirit weder gefunden noch vorausgesetzt, um die Erscheinung zu erklären, sein Dasein ist von den Geistern enthüllt worden, und die Beobachtung hat es uns bestätigt (Das Buch der Geister: Nr. 93). Diese Anschauung stützt sich noch auf das Studium der Empfindungen der Geister (Das Buch der Geister: Frage 257) und besonders auf das Phänomen der wahrnehmbaren Erscheinungen, was nach der entgegengesetzten Meinung die Verdichtung und Trennung der die Seele bildenden Bestandteile, mithin ihre Zerstörung einschließen würde.
Man müsste übrigens zugeben, dass diese Materie, die unseren Sinnen wahrnehmbar werden kann, das intelligente Prinzip selbst sei, was ebenso vernunftgemäß ist, als die Seele mit dem Körper oder das Kleid mit dem Körper zu verwechseln. Was das innere Wesen der Seele betrifft, so ist uns dies unbekannt. Wenn man sagt, sie sei immateriell, so muss man es in einem relativen und nicht wörtlichen Sinne verstehen; denn die absolute Immaterialität wäre das Nichts; nun aber ist die Seele oder der Geist etwas, das will sagen, dass ihre Essenz in Bezug auf alles, was wir Materie nennen, so erhaben ist, dass sie für uns immateriell ist. (Das Buch der Geister: Nr. 32 und 82)
„Das, was die einen Perispirit nennen, ist nichts anderes, als das, was die andern materielle, fluidische Geisterhülle nennen. Ich werde mich auf eine logischere Art verständlich machen und sagen, dass dieses Fluidum die Vervollkommnungsfähigkeit der Sinne, die Ausdehnung des Sehens und des Auffassungsvermögens ist; doch ich rede hier von den erhabenen Geister. Was die niederen Geister betrifft, so sind sie noch ganz mit irdischen Fluida umhüllt; diese gleichen, wie ihr seht, der Materie und daher stammen die Beschwerden des Hungers, der Kälte oder des Schmerzen, welche die höheren Geister nicht erleiden können, weil die irdischen Fluida um ihre Seele verfeinert sind. Die Seele benötigt in ihrem Fortschritt stets eine Substanz; ohne Substanz ist die Seele für Euch nichts, oder besser gesagt, sie kann von euch nicht begriffen werden. Die Geisterhülle (Perispirit) ist für uns wandelnde Geister das vermittelnde Glied, wodurch wir mit euch verkehren, sei es indirekt durch euren Körper oder durch euren Perispirit, oder sei es direkt mit eurer Seele. Daher stammen die Verschiedenartigkeit von Medien und Mitteilungen vom Jenseits.
Nun muss ich noch den wissenschaftlichen Teil, das ist das Wesen des Perispirits, behandeln. Begreift es zuvor moralisch, so bleibt uns nur, von der Natur der Fluida zu reden, was im Augenblick unerklärlich ist. Die Wissenschaft kennt sie nicht genau, aber man wird dahin gelangen, wenn die Wissenschaft mit dem Spiritismus vorwärts gehen will. Der Perispirit kann sich verändern und unendlich verwandeln. Die Seele ist der Gedanke, sie verändert sich nicht. Geht in dieser Beziehung nicht weiter, das ist ein Punkt, der nicht näher erörtert werden kann. Glaubt mir, ich suche ebenso wie ihr! Ihr sucht jetzt nach dem Perispirit, wir suchen die Seele. Wartet also.(Lamenais) Also selbst die Geister, die man für fortgeschritten halten kann, konnten bisher das Wesen der Seele nicht erforschen, wie wären wir allein dazu imstande? Das heißt also seine Zeit verlieren, den Ursprung von Dingen erforschen zu wollen, was, wie es in dem „Buch der Geister” gesagt wurde (Nr. 17 und 40), den Geheimnissen Gottes angehört.
Mit Hilfe des Spiritismus ergründen zu wollen, wofür die Menschheit noch nicht zuständig ist, das heißt von seinem wahren Ziele abweichen, das heißt wie ein Kind handeln, das etwas früher wissen will als der Greis. Der Mensch möge den Spiritismus zu seiner moralischen Verbesserung anwenden, das ist die Hauptsache; das Übrige ist eine unfruchtbare Wissbegierde und zuweilen auch Stolz, dessen Befriedigung ihn nicht um einen Schritt vorwärts bringen wird. Das einzige Mittel, ihn vorwärts zu bringen, ist, sich zu bessern. Die Geister, die das Buch diktiert haben, welches ihren Namen trägt, haben ihre Weisheit dadurch bewiesen, dass sie sich in Bezug auf den Anfang der Dinge in den Grenzen hielten, die Gott nicht erlaubt hat, zu überschreiten. Sie überließen den systematischen und anmaßenden Geistern die Verantwortung der vorgefassten und irrigen, mehr verführerischen als soliden Theorien, welche eines Tages vor der Vernunft fallen werden, wie viele andere, die dem menschlichen Gehirn entsprungenen sind. Sie haben gerade das gesagt, was notwendig war, um dem Menschen die ihn erwartende Zukunft begreifen zu lassen und ihn dadurch zum Guten zu ermuntern.